Italien: 27 Milliarden Euro neuen Schulden
Italiens Premier Giuseppe Conte vor Journalisten in Rom (© picture-alliance/dpa) |
Italien: 27 Milliarden Euro neuen
Schulden
Dienstag,
2. Oktober 2018
Mit
27 Milliarden Euro neuen Schulden will Italiens Regierung aus Cinque Stelle
und Lega den Sozialstaat ausbauen. Mit der Neuverschuldung von 2,4 Prozent sollen unter anderem eine
Grundsicherung für Arme und ein früherer Renteneintritt bezahlt werden.
EU-Wirtschaftskommissar Moscovici nannte Italiens Staatsverschuldung
"explosiv". Auch Kommentatoren warnen vor Folgen, die die gesamte
EU erschüttern könnten.
Rom
will Euro-Ausstieg provozieren
Mit
dem Schuldenkurs der italienischen Regierung wird ein Euro-Austritt Italiens
wahrscheinlicher, glaubt die Neue Zürcher Zeitung:
„Bei
den Noten für seine Qualität als Schuldner befindet sich Italien bereits im
unteren Bereich der sogenannten Investitionsklasse. Weitere Herabstufungen
könnten für zusätzliche Unruhe an den Finanzmärkten sorgen. Ein Beobachter
des deutschen Vermögensverwalters Feri mutmasst bereits, das eigentliche Ziel
der Regierung könnte sein, eine Verschärfung der Euro-Krise bewusst zu
provozieren, um dann anschliessend einen Austritt aus dem Euro als
'alternativlos' zu verkaufen. So wäre das eigentliche Ziel der Populisten von
Lega und Cinque Stelle erreicht. In jedem Fall geht von Italien als grossem
Euro-Land nun eine erhebliche Ansteckungsgefahr aus, vor allem für andere
südliche Länder der Europäischen Währungsunion.“ http://www.nzz.ch/
Reaktion
der Märkte spricht Bände
Italiens
Budgetbeschluss ist ein Lehrstück über schlechtes Haushalten, meint Le
Figaro:
„Wirtschaft
und Populismus passen selten gut zusammen. Nach den ersten
Haushalts-Entscheidungen musste man nicht lange warten, bis man die
Glaubwürdigkeit der Koalition aus Lega und Cinque-Stelle ermessen konnte. Die
Zinssätze explodierten, es gab einen großen Wirbel an der Börse, die Banken
stürzten ab. Es herrscht totales Misstrauen der Finanzmärkte - und damit der
Gläubiger - gegenüber Rom. ... Die italienische Leidensgeschichte erinnert
uns nützlicherweise daran, wo eine laxe Budgetpolitik und die Verschuldung um
jeden Preis hinführt: zu einem gefährlichen Verlust der wirtschaftlichen
Unabhängigkeit zugunsten der Märkte.“ https://www.eurotopics.net/kurz/603
Die
letzte Hoffnung ist der Präsident
Präsident
Sergio Mattarella kann den Budgetentwurf noch ablehnen, doch könnte das nach
hinten losgehen, erörtert La Stampa:
„Die
Nicht-Unterzeichnung des Haushaltsgesetzes seitens des Präsidenten würde
einen beispiellosen Machtkampf nach sich ziehen. Das Problem ist, dass jeder
formale Einwand das Narrativ, das den beiden Vizepremiers so am Herzen liegt,
noch verstärkt: Dass sie die Helden des Volkes und Widersacher des
Establishments sind. Die öffentlichen Finanzen werden aber erst dann sicher
sein, wenn dem Konsens zugunsten verrückter Ausgaben ein anderer Konsens entgegengesetzt
wird. ... Hier hat der Präsident der Republik einen Vorteil. ... Er ist der
angesehenste Politiker des Landes. Damit sich die Menschen der Probleme und
Gefahren komplizierter Dinge wie der Haushaltspolitik bewusst werden, muss
ihnen jemand diese erklären. Jemand, dem sie vertrauen.“ https://www.eurotopics.net/kurz/604
Warum
die EU Italien gewähren lässt
Die
EU-Kommission behandelt Italien viel milder als andere EU-Länder, klagt
Rzeczpospolita:
„Brüssel
hat gegenüber der neuen Regierung in Rom eine deutlich andere Vorgehensweise
an den Tag gelegt als im Falle Ungarns oder Polens. Es wurde so getan, als
stünden die Pläne der neuen Regierung in Rom nicht im Widerspruch zur offiziellen
Migrationspolitik der EU und stellten keine ernsthafte Bedrohung für die
Stabilität des Euroraums dar. Diplomatische Quellen in Brüssel haben dafür
eine Erklärung: Italien kann gegenüber der EU größeren Druck ausüben als
Warschau oder gar Budapest. Denn sollte die italienische Regierung all ihre
Wahlversprechen einhalten - was zur Insolvenz des Landes führen könnte - wäre
selbst Deutschland nicht in der Lage, es zu retten. Dies könnte das Ende der
EU bedeuten.“ https://www.eurotopics.net/kurz/605
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